Sorgetragen für den Gebäudebestand: „Never demolish!“​

Zwei Nachrichten aus den vergangenen Wochen haben mich hoffnungsvoll gestimmt, dass wir es doch noch schaffen können, eine bessere Welt für die kommenden Generationen auf- und weiterzubauen:

An erster Stelle steht die Verkündung der diesjährigen Pritzer Preisträger Anne Lacaton und Jean-Philipp Vassal, die seit vielen Jahrzehnten Sorge tragen für die gewachsene europäische Stadt und den Gebäudebestand. In einem aktuellen Video erklärt Jean-Philippe Vassal das grundlegende Credo ihres Büros Lacaton & Vassal: „Never demolish!“ („Niemals abreißen!“, Archdaily, 16.03.2021). Anne Lacaton fügt anschließend hinzu, dass es bei ihren Umbauprojekten im Sozialen Wohnungsbau darum gehe, die Lebenswirklichkeit der Bewohner zu verbessern und den Gebäuden weitere 50 Lebensjahre zu geben. Die Würdigung ihres herausragenden Schaffens kommt genau richtig in dieser Zeit, in der uns allen klar wird, dass wir nicht wie bisher leben und bauen können. Wir benötigen ein Umdenken auf allen Ebenen, so auch in der gesamten Baubranche.

An zweiter Stelle steht das Positionspapier „Haus der Erde“ des BDA (Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, 2019) und die damit verbundenen politischen Aufforderungen für eine klimagerechte Architektur in Stadt und Land (2020). Die dort aufgeführte These Nummer 4 lautet: „Achtung des Bestands: Gebäude nachhaltig sanieren – Bauen muss vermehrt ohne Neubau auskommen.“ Es ist wirklich herausragend, dass der Berufsverband der freischaffenden Architekt*innen und Stadtplaner*innen in Deutschland dazu auffordert, sich dem Gebäudebestand zu widmen und damit Umbau- und Weiterbau-Projekte fordert und fördert. Noch tiefer in die Thematik steigt das vom BDA herausgegebene Buch „Sorge um den Bestand“ ein, welches ursprünglich als begleitender Katalog zur gleichnamigen Ausstellung verfasst wurde. Leider gab es Pandemie bedingt bisher nur wenige Möglichkeiten, die Ausstellung zu besuchen. (Bis zum 27. Juni 2021 ist sie noch im DAZ in Berlin zu sehen und anschließend geht sie auf Wanderschaft durch die Landesverbände.) Daher möchte ich an dieser Stelle erst einmal die Lektüre der Publikation empfehlen (jovis Verlag, 2020). Zwischen den Buchdeckeln befinden sich zehn ausgearbeitete Strategien für den künftigen Bestand, die von unterschiedlichen Autoren-Teams ausgearbeitet wurden. Daraus ergeben sich neue Perspektiven und Möglichkeitsräume im urbanen und regionalen Kontext für uns alle. Bei jedem Aufschlagen eines neuen Kapitels erhält man neue Anregungen und Ideen, herrlich!

Wir Architekt*innen und Stadtplaner*innen dürfen uns nicht mehr nur in den eigenen Reihen darüber austauschen und auf die Schultern klopfen, was für herausragende, nachhaltige Projekte wir planen und realisieren. Wir müssen nach außen zeigen, dass wir mehr wollen für die Zukunft und das wir dafür auch bereit sind, unsere klassischen Berufsbilder dafür zu verlassen. Gerne mehr davon auf allen Ebenen – auf eine bessere Zukunft!

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