Ausstellen in Pandemiezeiten

Die vergangenen Monate haben uns gezeigt, dass die Politik Bildung und Kultur in Pandemiezeiten für „nicht systemrelevant“ hält. Ähnlich wie die Schulen und andere Bildungszentren wurden auch die Museen und Ausstellungshäuser vorschnell geschlossen, ohne dass es je Belege dafür gab, dass dort besondere Ansteckungsgefahren lauern. Trotz neuer technischer Ausstattungen und ausgefeilter Wegeführungen sowie umfassender Hygienekonzepte musste manch bereits realisierte und aufgebaute Ausstellung vorzzeitig schließen oder konnte erst gar nicht eröffnet werden. Glück hatten all jene Ausstellungen, die entweder an Ort und Stelle verlängert werden konnten oder sich auf eine umgeplante Wanderung machen konnten.

Doch einen großen Vorteil hatten die erzwungenen Schließzeiten: Museen und Ausstellungshäuser, Kurator*innen und Kommunikator*innen konnten die Digitalisierung und Multi-Medialisierung ihrer Ausstellunginhalte voranbringen. Denn auch bei geöffneten Türen erreicht nicht jede analoge Ausstellung, so niederschwellig sie sein mag, das gewünschte diverse Publikum. Auch die aufwändig gefüllten und gestalteten Ausstellungspublikationen, die trotz des Lockdowns in den Buchhandlungen erworben werden konnten, sind nur ein schwacher Ersatz für passionierte Museumsbesucher – denn selten können sie den multisensorischen und dreidimensionalen Aha- und Lerneffekt beim Besuch einer Ausstellung ersetzen.

Endlich konnten Kulturinstitutionen mithilfe von Kreativen und Dank diverser Fördertöpfe interaktive Websites, zukunftsweisende Computerspiele, Filme, Podcasts und viele weitere multimediale Formate entwickelt werden, um ein breites und global vernetztes Publikum zu erreichen. Es wäre wünschenswert, dass Museen und Ausstellungshäuser auch über die Pandemie hinweg diese neuen Wege weiter gehen können und dafür von Stiftungen, Kommunen, Ländern und dem Bund zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten. So könnte das nationale Rettungspaket „Neustart Kultur“ in „Update Kultur“ umbenannt werden und anschließend auch für neue kulturelle (Um)Nutzungen in unseren leer gefegten Innenstädten sorgen.

Es gibt viele herausragende Beispiele von zukunftsweisenden Ausstellungs-Medien, die in den vergangenen Monaten parallel zu den ohnehin geplanten Ausstellungen umgesetzt wurden. Mit ausreichendem finanziellen Background konnte dies auch schon vor der Pandemie für manche Ausstellung umgesetzt werden. Auch der Bereich Open-Air- oder Schaufenster-Ausstellung wurde vertieft und weiterentwickelt – was mich persönlich sehr gefreut hat, da ich es besonders im Bereich der Architektur-Ausstellungen unheimlich wichtig finde, die Räume „in echt“ und im Maßstab 1:1 zu erleben.

Nun möchte ich zum Abschluss noch auf eine kleine Auswahl von Ausstellungen mit erweiterten Formaten hinweisen, die ich in den vergangenen Monaten „besuchen“ konnte:

tinyBE – Living in a Sculpture, Frankfurt / Darmstadt / Wiesbaden, 26. Juni – 26. September 2021

Die Bodenfrage – Klima, Ökonomie, Gemeinwohl, BDA Hessen Frankfurt, 1. Juni – 22. Juli 2021

Einfach Grün – Greening the City, Deutsches Architekturmuseum (DAM) Frankfurt, 23. Januar bis 11. Juli 2021

Living the City, Flughafen Tempelhof Berlin, 25. September 2020 – 20. Juni 2021

Möglichkeitsraum Mannheim. Mannheim nach der Krise, MOFA / Galeria Kaufhof (N7) Mannheim, 31. März – 10. Juni 2021

Gesamtkunstwerke – Architektur von Arne Jacobsen und Otto Weitling in Deutschland, Berlin / Fehmarn / Mainz / Hannover / Castrop-Rauxel / Hamburg, seit 30. Oktober 2020

Wir sind Jetzt. Jüdisches Frankfurt von der Aufklärung bis zur Gegenwart, Jüdisches Museum Frankfurt, seit 21. Oktober 2020

Es würde mich sehr freuen, von weiteren Ausstellungsprojekten zu erfahren, die Euch positiv aufgefallen sind seit dem Frühjahr 2020. Oder Ihr schreibt mir, was Ihr für zukünftige Ausstellungsprojekte ihr gerade plant. Gerne per Mail an as@annascheuermann.de oder einfach als Kommentar. Ich bin gespannt! #thinkpositive

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